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Psychische Krisen aus der Tabuzone holen

Am Dienstagabend lud das Schlosskino Rapperswil zu einem besonderen Filmabend mit anknüpfender Podiumsdiskussion. Gezeigt wurde der Film «Ein Stück Wahnsinn», der die Zuschauer in einer hoch persönlichen Weise mit in die Proben des Theaters «Zwischen den Welten» nahm.

Rapperswil. – Mit dem Film «Ein Stück Wahnsinn» wurde am Dienstag im Schlosskino die Grundlage für eine spannende Diskussion gelegt. Die Darsteller spielten dabei eine Rolle, die sie nicht so leicht abwaschen konnten. Denn diese betraf sie in ihrer damals aktuellen Lebenssituation: Einer psychischen Krise. Als Hauptprotagonisten gaben dabei Miriam, Alessandro und Stefan tiefe Einblicke in ihr Leben und ihre Gedanken.

Hoch persönliche Eindrücke
Hannes Kunz von der ZEPRA Prävention und Gesundheitsförderung konnte anschliessend an den Film die Filmemacherin Gabriela Betschart, die Psychologin Rhea Kälin vom Psychiatrie-Zentrum Linthgebiet, den Projektleiter des Theaters Friedrich Kaiser, sowie die Darsteller Alessandro und Stefan zum Gespräch bitten. Insbesondere diese gaben dabei noch einmal einen sehr persönlichen Einblick, wie es ihnen seit den Filmaufnahmen ergangen ist.

«Für mich hat sich seitdem alles geändert», konnte Stefan erklären. Der junge Mann wird in Kürze heiraten und arbeitet im Rahmen einer Schematherapie an seinem Aggressionspotential, wie er berichtete. Alessandro wiederum hat sich nach dem Theaterprojekt weiter der Bühnenkunst verschrieben und wirkte seither in mehreren Produktionen mit. Doch er betrachtet seine Situation sehr differenziert: «Manchmal bin ich immer noch nicht bereit, auf meinen Körper zu hören. Ich bin aber offener dafür geworden.»

Mit ihrer Offenheit leisteten die beiden, wie alle Protagonisten des Films, einen bedeutenden Beitrag, des Themas psychische Erkrankungen aus seiner Tabuzone zu holen, was auch Kälin schätzte. «Es ist wichtig mit Vorurteilen aufzuräumen», kommentierte die Psychologin. Sie kennt die Skepsis aus ihrer täglichen Arbeit und hofft darauf, dass solche Veranstaltungen dazu beitragen, die Hemmschwelle zu senken und die Akzeptanz zu fördern.

Mit Mut und Offenheit
Kaiser ging noch einen Schritt weiter und forderte dazu auf, psychische Krisen speziell in der Arbeitswelt auch als Ressource zu betrachten. «Wenn darüber offener geredet wird, leistet es einen Beitrag zur Erhaltung der Arbeitskraft », hielt er fest. So konnte er sich auch stellvertretend für alle Anwesenden, vor allem beeindruckt davon zeigen, mit welchem Mut die Darsteller des Films in diesem und auch bei der Podiumsdiskussion über ihr Leben und ihre Krise berichteten. «Es ist eine Bereicherung für uns alle, zu sehen, dass es auch in schwierigen Phasen einen Umgang damit gibt.»

Dies konnte auch Filmemacherin Gabriela Betschart unterstreichen. «Ich möchte gesellschaftliche Themen aufgreifen, die sonst oft im Verborgenen bleiben», erklärte sie. Dies ist ihr mit «Ein Stück Wahnsinn» auf eindrückliche Weise gelungen. Ganz in diesem Sinne appellierten auch Alessandro und Stefan darauf, den schwachen Mitgliedern in der Gesellschaft mehr Toleranz entgegen zu bringen und gleichzeitig mehr auf sich selbst zu achten.

«Zwischen Bangen und Hoffen»
Am 11. November gehen die Wahnsinnsnächte in Rapperswil-Jona in die zweite, spannende  Runde. Mit dem Film «Zwischen Bangen und Hoffen» von Annemarie Friedli wird wiederum mit biografischen Erfahrungen von Menschen, die als Betroffene oder Angehörige mit einer psychischen Erkrankung konfrontiert sind oder waren, die Basis für eine anschliessende Diskussion gelegt. Im Kino Leuzinger wird Jürg Engler vom St. Galler Bündnis gegen Depression mit Mitglieder der Vereinigung von Angehörigen von psychisch Kranken (VASK), einem Betroffenen, sowie der Oberärztin Dragana Maggio und der Psychologin Martina Frei vom Psychiatrischen Zentrum Rapperswil diskutieren.